Durchbrechung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit (insb. wegen „Corona“)?
Bei einer Eigentümerversammlung im Wohnungseigentum gilt der Grundsatz bzw. das Gebot der Nichtöffentlichkeit. D.h. eine Eigentümerversammlung hat nur unter den berechtigten Teilnehmern, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, stattzufinden. Dies folgt bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes, welches in § 23 Abs. 1 WEG von einer Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer spricht.
Dritte, also Nichteigentümer, sind daher grundsätzlich nicht teilnahmeberechtigt und Eigentümerbeschlüsse, die auf einer unter Verstoß gegen obigen Grundsatz abgehaltenen Eigentümerversammlung ergangen sind, können bereits allein aus diesem Grund gerichtlich angefochten werden (vgl. etwa Bärmann WEG, § 23 Rn. 74).
Diese Prinzipien hat jedenfalls das Amtsgericht Berlin-Wedding aktuell – ersichtlich mit Blick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie – nicht unerheblich aufgeweicht. Es hat nämlich die Auffassung vertreten, dass zur Abhaltung einer Wohnungseigentümerversammlung auch ein Ort im Freien (im konkreten Streitfall auf dem Spielplatz der Wohnungseigentumsanlage) ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann.
Der WEG-Verwalter hatte im entschiedenen Fall zu einer Eigentümerversammlung am 09.06.2020 auf dem Spielplatz des Grundstücks der WEG unter freiem Himmel einberufen. Dagegen hatte sich ein Eigentümer im Wege der einstweiligen Verfügung zu wenden versucht.
Nach ursprünglichem Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung und von der Gegenseite eingelegtem Widerspruch hat das Gericht die Verfügung aufgehoben und den Antrag auf deren Erlass durch Urteil zurückgewiesen. In seinen diesbezüglichen Entscheidungsgründen führt das AG Berlin-Wedding aus:
„Die Durchführung der Versammlung der WEG auf dem Spielplatz der WEG-Anlage widersprach nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, insbesondere stellt sie auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung dar. Einerseits entsprach sie gerade und insbesondere den im streitgegenständlichen Zeitraum April bis Juni 2020 bestehenden Gefahren durch das Covid-19-Virus und den deshalb – zum Zeitpunkt der Einladung wieder gelockerten – Einschränkungen durch gesetzliche Regelungen. Es ist gerichtsbekannt, dass durch die Vermeidung von größeren Ansammlungen in geschlossenen Räumen die Ansteckungsgefahr deutlich reduziert wird.“
AG Berlin-Wedding, Urteil vom 13.07.2020, Az. 9 C 214/20
Eine, wie ich finde, bemerkenswerte Entscheidung, welche allerdings ersichtlich unter Berücksichtigung der aktuellen Corona-Lage ergangen ist, sodass sie sicher nicht verallgemeinerungsfähig ist.